• Die Filmbranche hat sich in den letzten Jahrzehnten stark gewandelt. Verwertungs- sowie Distributionswege, aber auch unsere Seh- und Nutzungsgewohnheiten haben sich verändert.
  • Um den veränderten Bedürfnissen der Branche gerecht zu werden, hat Kulturstaatsministerin Claudia Roth auf dem Produzentenempfang im Rahmen der Berlinale einen Eckpunkteplan für die Reform der Filmförderung vorgelegt.
  • Der Fachkräftemangel ist in allen Bereichen der Branche spürbar. Auch innerhalb der Branche ist daher ein Wandel bei den Arbeitsbedingungen erforderlich.

Parlamentarische FruehstueckIm Rahmen der Berlinale lud die grüne Bundestagsfraktion zum parlamentarischen Frühstück im Marie-Elisabeth-Lüders-Haus des Deutschen Bundestages ein, um mit Michael Sacher, Claudia Roth, Michael Kellner, Dr. Lisa Giehl, Paula Essam, moderiert von Tessa Hart und mit rund 150 Gästen aus der Filmbranche sowie Interessierten über die Situation in der Film- und Kinobranche zu diskutieren. Die von Kulturstaatsministerin Claudia Roth vorgestellten Eckpunkte zur Filmreform stießen bei den Panelteilnehmenden auf breite Zustimmung. Insbesondere, dass Diversität, Geschlechtergerechtigkeit sowie (soziale) Nachhaltigkeit zukünftig als Voraussetzungen für eine Filmförderung benannt wurden, setzt ein starkes Zeichen. Mit den 600 Millionen Euro, die aktuell in die Filmförderung investiert werden, ist auch eine gesellschaftliche Verantwortung verbunden. Soziale und ökologische Dimensionen müssen dabei zusammen gesehen werden.

Paula Essam, Vorstandsmitglied bei Pro Quote Film, betonte, dass paritätisch besetzte Gremien allein nicht das gewünschte Ziel bringen werden. Diversität und Vielfalt müssen auch vor der Kamera zu sehen sein, um aktiv gegen Vorurteile und Stereotype anzugehen. Sie plädierte für eine 50-Prozent-Quote für Frauen in der Filmbranche und eine 30-Prozent-Diversitätsquote, damit auch Menschen mit Behinderung, Menschen mit Migrationsgeschichten, Menschen mit LGBTQIA+-Erfahrung Teil der Branche werden können.

Die realistische Darstellung unserer pluralen Gesellschaft ist dabei auch ein wichtiger Schritt, um dem Fachkräftemangel in der Filmbranche zu begegnen. Denn die Geschichten, die wir auf dem Bildschirm sehen, bestimmen, wie die Branche wahrgenommen wird. Wenn sich ganze Gruppen nicht mit den in Filmen und Serien gezeigten Personen identifizieren können, werden diese auch nicht zum Film gehen, erklärte Paula Essam.

Um die Branche für den Nachwuchs attraktiver zu machen, existieren diverse Programme, wie beispielsweise firmeninterne Weiterbildungsmöglichkeiten oder die Option eines dualen Studiums. Oftmals scheitert es jedoch an fehlenden Informationen. Viele junge Menschen wissen gar nicht, welche zahlreichen Ausbildungsmöglichkeiten es beim Film gibt. Lisa Giehl, Executive Vice President Subsidies & Public Policy bei LEONINE Studios, plädierte an die Branche, stärker zusammenzuarbeiten und für sich selbst zu werben. Fast schon schwerwiegender als der fehlende Nachwuchs sei jedoch, dass viele gut ausgebildete Fachkräfte die Filmbranche aufgrund der schlechten Arbeitsbedingungen verlassen. Beruf und Familie dürfe daher auch in der Filmbranche nicht länger ein Widerspruch sein.

Der grüne Bundestagsabeordnete Michael Sacher ist überzeugt, dass der Bedarf an Fachkräften nur mithilfe von Menschen aus dem Ausland gedeckt werden kann. Hierfür braucht es jedoch eine bessere Willkommens- und Integrationspolitik, um Deutschland attraktiver zu machen. In diesem Kontext sprach sich Michael Kellner, Ansprechpartner der Bundesregierung für die Kultur-und Kreativwirtschaft, dafür aus, dass auch die Bürokratie effizienter werden muss. Es darf am Ende nicht daran scheitern, dass das Visa nicht rechtzeitig erteilt wurde. Unterstützung bei der Integration von Geflüchteten in Ausbildung und Arbeit finden Unternehmen im Förderprogramm „Willkommenslotsen“, so Michael Kellner.

Das Panel zeigte deutlich, auf wie vielen Ebenen sich die Filmbranche in einem Wandel befindet. Die in der Branche existierende Einigkeit, dass es eine grundlegende Überarbeitung der Filmförderung braucht, muss nun auch auf parlamentarischer Ebene genutzt werden, um gemeinsam die Filmreform zielgerichtet umzusetzen und den Herausforderungen des Fachkräftemangels zu begegnen.

Panelteilnehmende:

Michael Sacher MdB
Bündnis 90/Die Grünen Bundestagsfraktion

Claudia Roth
Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien und Abgeordnete des Deutschen Bundestages

Michael Kellner MdB
Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz
Beauftragter der Bundesregierung für Mittelstand sowie
Ansprechpartner der Bundesregierung für die Kultur- und Kreativwirtschaft

Dr. Lisa Giehl
Executive Vice President Subsidies & Public Policy bei LEONINE Studios

Paula Essam
Vorstandsmitglied von Pro Quote Film, Schauspielerin, Drehbuchautorin

Moderation: Tessa Hart
Kulturmacher*in – Performance, Film und Soziokultur