Beim Fachgespräch im Bundestag „Wie kann gute Leseförderung gelingen?“ haben wir mit verschiedenen Expert*innen darüber diskutiert, was für eine nachhaltige Leseförderung in Deutschland nötig ist. Wir alle kennen die Ergebnisse der PISA und IGLU-Studie und es ist mehr als offensichtlich, dass wir uns dringend für die Verbesserung der Lesekompetenz von Grundschüler*innen stark machen müssen.
Als wichtigstes Ergebnis unseres Austauschs kann gelten: wir müssen die Leseförderung ganzheitlicher angehen. Die Leseforschung zeigt sehr deutlich, welche Konzepte bisher gut funktionieren und welche Programme wirksam sind. Aber die Leseleistungen der Schüler*innen sinken trotzdem kontinuierlich ab. Woran liegt das? Ein Problem scheint der mangelnde Wissenstransfer zwischen den Beteiligten zu sein. Denn Leseförderung ist nicht nur Sache von Lehrer*innen im Deutschunterricht, sondern findet zu einem sehr großen Teil auch in den Familien oder an Orten wie Bibliotheken statt. Hier müssen Angebote geschaffen werden, die eine bessere Vernetzung zwischen Eltern, Kindern, Kitas und Schulen sowie außerschulischen Akteur*innen ermöglichen.
Programme wie Lesestart 1-2-3 oder das Startchancenprogramm der Bundesregierung gehen bereits in eine richtige Richtung. Doch Tenor des Gesprächs war, dass die gemeinsamen Anstrengungen für die Leseförderung noch größer sein müssen und die wichtigsten Faktoren mehr Verbindlichkeit und ein viel stärkerer Verpflichtungsgrad aller Beteiligten sind. Denn Lesekompetenz ist die basalste aller Fähigkeiten, die jeder Mensch für die Bewältigung seines Alltags und auch sein Berufsleben benötigt. Und eins ist sicher: früh investieren ist in jedem Fall sinnvoller, als in den kommenden Jahrzehnten den durch mangelnde Kompetenzen entstandenen - auch wirtschaftlichen - Schaden zu beheben.
Kulturpolitik kann und sollte hier ihren Beitrag leisten: der Erfolg des Kulturpasses, der von den Jugendlichen immerhin am häufigsten für den Kauf von Büchern genutzt wird, zeigt, dass sinnvolle Anreize helfen, die Lesemotivation zu stärken. Doch auch oder gerade für jüngere Kinder ist mehr Ressortübergreifendes und ganzheitliches Denken und Handeln nötig. Bibliotheken und Verlage spielen hierbei eine wichtige Rolle und wir müssen sie sichtbarer mit ins Boot holen, zum Beispiel durch kostenfreien Bibliothekszugang für Grundschüler*innen und durch eine bessere Ausstattung von Bibliotheken generell. Dass Bibliotheken aus Mangel an Mitteln bei Kinder- und Jugendbuchverlagen um Freiexemplare bitten, kann jedenfalls nicht die Lösung sein – im Gegenteil. Auch Kinder- und Jugendbuchverlage gilt es stärker zu würdigen und ihre Arbeit zu unterstützen, denn wer lesen lernen will, benötigt dafür Bücher! Im Sinne der geforderten Verbindlichkeit ist es also wichtig, auch hier Strukturen zu schaffen, die am Ende der Lesekompetenz zugutekommen.